So meistert jeder den Linksverkehr

MobileKids erklärt, weshalb ein Drittel aller Menschen auf der linken Straßenseite fährt und welche Besonderheiten sich hierdurch für Verkehrsteilnehmer ergeben.

Wer in Deutschland von Linksverkehr hört, der denkt direkt an Länder wie England, Australien oder Südafrika. Denn während die Straßenverkehrsordnung hierzulande vorschreibt, dass Fahrzeuge rechts zu fahren haben, gibt es zahlreiche Staaten, in denen auf der linken Seite gefahren wird. Um ganz genau zu sein: In 59 der 221 Länder und selbstständigen Gebiete der Erde gilt die Linksfahrordnung. Damit ist etwa ein Drittel der Menschheit – egal ob mit Auto, Bus oder Fahrrad – auf der linken Straßenseite unterwegs.

Kolonialzeit hinterlässt ihre Spuren

In Europa gibt es Linksverkehr nur noch selten. Neben Großbritannien und Irland wird lediglich auf Malta und Zypern links gefahren – zwei Mittelmeerinseln, die einst britische Kolonien waren. Und auch sonst herrscht heutzutage hauptsächlich in Ländern, die früher Kolonien des Vereinigten Königreiches waren, Linksverkehr. Etwa in Staaten im südlichen und östlichen Afrika, Indien, Pakistan, Australien und Neuseeland. Ausnahmen stellen Thailand, Japan und Indonesien dar. Dort fahren die Menschen links, obwohl die Länder keine Verbindung zur Kolonialzeit haben.

Ein Blick in die Geschichtsbücher

So alltäglich, wie viele heute glauben, ist der Rechtsverkehr gar nicht. Früher, zu Zeiten der Römer, als noch viele Reiter und Kutschfahrer auf den Straßen unterwegs waren, galt tatsächlich in den meisten Regionen der Erde Linksverkehr. Grund hierfür war die Mehrheit an Rechtshändern unter den Menschen, die ihr Pferd bevorzugt von links bestiegen. Auch Kutscher, die meistens auf der rechten Seite des Kutschbocks saßen, um die hinter ihnen sitzenden Personen beim Ausholen mit der Peitsche nicht zu gefährden, bevorzugten aus Gründen der Übersicht die linke Straßenseite.

 

Erst infolge der Französischen Revolution wurde der Verkehr in Frankreich und später auch in den von Napoleon eroberten europäischen Ländern auf Rechtsverkehr umgestellt – und die meisten blieben auch dabei. Lediglich Österreich stellte für einen begrenzten Zeitraum wieder auf den altgewohnten Linksverkehr um. Im Jahr 1967 hatte sich dann aber doch das gesamte europäische Festland nach rechts orientiert. Schweden war der letzte Staat, der seine Fahrtrichtung anpasste.

Die Tatsache, dass heutzutage nicht überall auf der Welt auf der gleichen Straßenseite gefahren wird, kann für uns Menschen bisweilen irritierend sein. Denn schon als kleine Kinder gewöhnen wir uns an die Verkehrsregeln des Landes, in dem wir aufwachsen und unsere ersten Erfahrungen im Straßenverkehr machen. Sind wir dann doch mal in einem Land zu Gast, wo andere Verkehrsregeln gelten, wie etwa eine andere Fahrtrichtung, müssen wir umso achtsamer sein. Selbst als Fußgänger empfiehlt es sich dann, lieber einmal zu oft, als einmal zu wenig hinzuschauen.

Während man beispielsweise im Großteil Europas beim Überqueren der Straße zuerst nach links schaut, um die rechts fahrenden Autos nicht zu übersehen, ist es in den Ländern mit Linksverkehr genau andersherum. Hier sollte man nicht vergessen, zuerst nach rechts zu schauen. In London zum Beispiel erinnern „look right“-Schriftzüge auf der Straße daran, dass der Verkehr von rechts anrollt.

Festland-Europäer müssen mitdenken

Selbst in den U-Bahn-Schächten der großen britischen Städte sind die Richtungen vertauscht: Die jeweils linke Rolltreppe führt in den Untergrund hinein und nach der Fahrt auch wieder hinaus. Und sollte man in den engen unterirdischen Gängen der U-Bahn-Stationen rechts außen laufen, kann es passieren, dass man bei der nächsten Einmündung nach rechts gegen einen anderen Fußgänger stößt. Mitdenken – besonders für Festland-Europäer – ist also unabdingbar.

Fragen zum Linksverkehr

1. Kann man mit einem deutschen Auto im Linksverkehr fahren?

Grundsätzlich gibt es da keine rechtlichen Einschränkungen. Wer also einen Linkslenker besitzt, kann mit diesem auch in Großbritannien oder Irland fahren. Wenn man jedoch für eine längere Zeit im entsprechenden Land leben möchte, muss man seinen Linkslenker zumindest ummelden.

2. Lässt sich die Regel „rechts vor links“ einfach in „links vor rechts“ abändern?

Nein. In England beispielsweise existiert die Regel nicht. Dort gibt es an Kreuzungen eindeutige Schilder oder Markierungen auf der Straße, die die Vorfahrt regeln. In Australien dagegen findet trotz Linksverkehr die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ Anwendung. Deshalb ist es wichtig, sich vor Reisen immer gut zu informieren.

3. Könnte es sein, dass irgendwann auch in Deutschland wieder auf Linksverkehr umgestellt wird?

Davon ist nicht auszugehen, weil der Aufwand, den gesamten Straßenverkehr umzurüsten, viel zu groß wäre. Zudem müssten dann alle anderen europäischen Länder ebenfalls ihre Fahrtrichtung abändern, weil sonst ein großes Chaos vorprogrammiert wäre. Und auch so scheinen die Deutschen eher wenig Interesse am Linksverkehr zu haben. Dies zeigte sich, als im April 2018 die Meldung zirkulierte, die Stadt Hannover werde einen Modellversuch starten und den Verkehr von der rechten auf die linke Seite verlagern. Die Aufregung war groß – bis der Aprilscherz wenig später aufgelöst wurde.

Ein weiterer entscheidender Unterschied zwischen Ländern mit Linksverkehr und denen mit Rechtsverkehr wird deutlich, wenn man sich Autos sowie andere Fortbewegungsmittel mit mehr als zwei Rädern anschaut. Schließlich sind diese ebenfalls an die Fahrtrichtung angepasst. Während man in Deutschland beinahe ausschließlich Fahrzeuge mit einem auf der linken Seite angebrachten Lenkrad sieht, findet man in Ländern wie England oder Australien größtenteils Rechtslenker. Die Autos sind also speziell für den Linksverkehr ausgelegt.

Der Schalthebel hingegen ist wie bei Linkslenkern in der Mitte. Das bedeutet jedoch gleichzeitig, dass sich Autofahrer, die es bisher gewohnt waren mit der rechten Hand zu schalten, umstellen müssen. Die gute Nachricht: Die Pedale für Kupplung, Bremse und Gas sind in beiden Arten von Fahrzeugen in der gleichen Reihenfolge verbaut.

Nur jedes vierte Fahrzeug ist ein Rechtslenker

Aufgrund dessen, dass weltweit deutlich mehr Menschen auf der rechten Straßenseite fahren, ist die Nachfrage nach Linkslenkern auch wesentlich größer als die für Rechtslenker. Lediglich jedes vierte produzierte Fahrzeug wird heute mit einem Lenkrad auf der rechten Seite gebaut. Bei Bussen, die ihre Türen auf der anderen Seite haben, ist die Anzahl sogar noch geringer.

Zu den größten Märkten für Rechtslenker zählen Großbritannien, Australien, Japan, Indien und Südafrika. In diesen Ländern – ausgenommen von Australien – sind auch die größten Hersteller von Rechtslenkern ansässig. Mercedes-Benz etwa produziert in East London am südafrikanischen Ost-Kap die C-Klasse für den Linksverkehr.